Noch befindet sich die Radschnellwegeplanung für die Region Rhein-Neckar noch in der Prüf- und Findungsphase. Mit dem Ziel, den Verkehrsinfarkt der Städte entgegenzuwirken, den CO2-Ausstoß zu mindern und gleichzeitig Berufspendlern die Möglichkeit zu geben, stressfrei mit dem Rad zur Arbeit zu kommen, treffen die Überlegungen jedoch auf breites Interesse. Wie es der planerischen Praxis entspricht, macht der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) mit einer Machbarkeitsstudie den ersten Projektschritt. Dieser soll für die Strecke Heidelberg – Mannheim – Ludwigshafen – Schifferstadt die Potentiale, Handlungsbedarfe und Herstellungskosten aufzeigen. Der ortskundige Leser fragt sich vielleicht, warum eine neue Strecke geplant werden soll, wo doch schon große Teilstrecken auf der Verbindung existieren, die sich bei Pendlern großer Beliebtheit erfreuen? Der Grund liegt in der Sicherstellung einer störungsfreien Verbindung, die durch Ausbau und Lückenschluss den Arbeitsweg mit dem Rad zu einem schnellen, komfortablen und sicheren Unterfangen machen kann. Diese Maßnahmen sind nicht als bloße Aufwertung der Infrastruktur zu verstehen, sondern können das Verkehrsmittel Fahrrad so sicher wie andere Verkehrsmittel machen. Denn die Statistik (destatis) zeigt, dass Radfahrer etwa dreimal häufiger pro gefahrenen Kilometer verunglücken als der Durchschnitt aller Verkehrsträger. Zudem zeigt eine Befragung der Bundesanstalt für Straßenwesen, dass sich Radfahrer sehr stark von der subjektiv empfundenen Verkehrssicherheit leiten lassen und daher aufgrund unsicherer Wegeabschnitte und geringem Fahrkomfort schnell auf das Fahrrad verzichten. Aber wie wahrscheinlich ist der Bau eines durchgängigen Radschnellwegenetzes in der Region Rhein-Neckar unter Berücksichtigung limitierter Haushaltskassen? Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier in der bestmöglichen Ausnutzung der vorhandenen Infrastruktur. Einige Stadt – zu – Stadt Verbindungen haben bereits Streckenabschnitte, die den Qualitätskriterien für Radschnellwege sehr nahe kommen. Beispielsweise auf der Strecke zwischen Ludwigshafen und Schifferstadt existieren S-Bahn–parallele Abschnitte, die den Soll-Anforderungen hinsichtlich Oberfläche und Führungsform schon entsprechen. Es bedarf daher vor allem eines Lückenschlusses, für den die besonders kritischen Streckenabschnitte und Kreuzungspunkte identifiziert und priorisiert werden müssen. Dabei ist die bauliche Verbesserung unfallträchtiger und sicherheitstechnisch bedenklicher Abschnitte stets der reinen Verbesserung des Fahrkomforts vorzuziehen. Abb. 1: Trassenvarianten für den Korridor Heidelberg - Schifferstadt Für die Identifizierung und die vergleichende Betrachtung dieser Streckenabschnitte ist die Nutzung von Geoinformation unerlässlich. Während für die Erhebung bestehender Infrastrukturen Luftbilder, georeferenzierte Fotos oder gar Drohnenbefliegungen die nötigen Daten liefern können, werden für die Abschätzungen der Nutzungspotenziale hochaufgelöste Einwohnerdaten, Informationen zu Pendlerverflechtungen und zu großen Arbeitgeberstandorten benötigt. Für die Identifikation sicherheitstechnisch relevanter Abschnitte sind außerdem Informationen zu Ampelstandorten, Kfz-Abbiegespuren, Sichtbarkeitshindernisse oder Unfallstatistiken zurate zu ziehen. Bei vergleichenden Kostenanalysen dagegen liefern digitale Geländemodelle die Information, ob Brückenbauwerke nötig sind und welche Materialmengen gebraucht werden. Abb. 2: Darstellung von potenziell erreichbaren Einwohnern in 1 km Entfernung Die 36 km lange Verbindung von Heidelberg in die Vorderpfalz soll aber nicht die einzige in der Region Rhein-Neckar bleiben. „Die Mittel- und Oberzentren entlang der Bergstraße und dem hessischen Ried erfüllen zweifellos wichtige Voraussetzungen, um einen Premium-Radweg für Berufspendler zwischen ihren Wohn- und Arbeitsorten zu entwickeln“, sagt Klemens Gröger, der beim Verband Region Rhein-Neckar mit dem Thema betraut ist. Ein willkommener Anknüpfungspunkt sind hier die Aktivitäten des Regionalverbandes Frankfurt Rhein-Main, der sich zurzeit mit der Planung eines Schnellradweges zwischen Frankfurt a. M. und Darmstadt beschäftigt. Die Verbände Rhein-Main und Rhein-Neckar stehen bereits im Rahmen des Interreg-Projektes CHIPS (Cycle Highways Innovation for smarter People Transport and Spatial Planning) in Kontakt und haben über eine mögliche Verknüpfung von Radschnellwegen zwischen den Ballungszentren nachgedacht. Für diesen Korridor soll daher auch eine eigene Machbarkeitsstudie vorgelegt werden, die vor allem die nötigen baulichen Veränderungen hinsichtlich problematischer Kreuzungspunkte und Streckenführung berücksichtigt.
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